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Analysen |

Evertiq vergleicht: US Chip Act gegen EU-Chipgesetz

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie wichtig die Elektronikindustrie im Allgemeinen und die Halbleiterindustrie im Besonderen ist. Die Halbleiterknappheit hat deutlich gemacht, wie anfällig sowohl die USA als auch Europa ohne ausreichende inländische Produktionskapazitäten sind und wie abhängig diese Regionen von asiatischen Kapazitäten sind.

Angesichts der außergewöhnlichen Nachfragesituation nach Halbleitern, die parallel zur Pandemie auftrat, haben die USA den CHIPS and Science Act auf den Weg gebracht, eine US-Initiative zur Förderung von Investitionen in heimische Halbleiterproduktionskapazitäten und zur Stärkung der Lieferketten und zur nationalen Sicherheit. 

Anfang August hatte US-Präsident Biden das Gesetz unterschrieben. Damit wurden 52,7 Milliarden US-Dollar zur Förderung von Forschung, Entwicklung, Fertigung und Personalentwicklung in der Halbleiterindustrie in den USA bereitgestellt. Ziel des Gesetzes ist es, die heimische Halbleiterproduktion zu steigern und letztlich die Abhängigkeit von der asiatischen Produktion zu verringern. Und das Gesetz hat bereits Wirkung gezeigt.

Das EU-Äquivalent wurde Anfang 2022 eingeführt. Es hat bis jetzt gedauert, bis es die verschiedenen Stufen der EU-Bürokratie durchlaufen hat. Im April 2023 erzielten der Europäische Rat und das Europäische Parlament eine vorläufige politische Einigung über die Verordnung zur Stärkung des Halbleiter-Ökosystems in Europa, besser bekannt als EU-Chipgesetz.

Der Rechtsakt soll die Voraussetzungen für die Entwicklung einer industriellen Basis schaffen, die den Weltmarktanteil der EU bei Halbleitern bis 2030 von 10 auf mindestens 20 Prozent verdoppeln kann. Diese Zahl ist jedoch nicht unumstritten.

Auf den ersten Blick scheinen beide Initiativen vergleichbar. Beide haben ähnliche Ziele, wollen ihren jeweiligen Regionen eine bessere Ausgangsposition verschaffen und werden ähnliche Mittel zur Verfügung stellen. In gewisser Weise scheint der größte Unterschied in der Semantik und der Formulierung zu liegen. Bis man tiefer eintaucht.

Die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Lieferkette und der Schutz vor chinesischen Entwicklungen unter dem Gesichtspunkt der nationalen Sicherheit sind die beiden Hauptziele des US-amerikanischen CHIPS-Gesetzes. Das EU-Chips-Gesetz zielt ebenfalls darauf ab, die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette zu stärken und gleichzeitig die europäische Souveränität und strategische Unabhängigkeit zu wahren. Vor einiger Zeit hat der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ein Papier veröffentlicht, in dem er verschiedene Schlüsselelemente des EU- und des US-Chips-Gesetzes direkt miteinander vergleicht. Wie also schneiden diese Initiativen im Vergleich zueinander ab.

Betrachtet man die Finanzierung, so scheinen die beiden Initiativen durchaus vergleichbar zu sein. Der CHIPS and Science Act stellt der Industrie 52,7 Milliarden US-Dollar zur Verfügung. Die EU wird 43 Milliarden Euro mobilisieren. Wohl gemerkt "mobilisieren“. Die EU stellt mit ihrem Chips-Gesetz kein "frisches Geld" zur Verfügung, denn diese Summe wird zum Teil aus bereits bestehenden EU-Förderprogrammen aufgebracht.

Erwähnenswert ist auch, dass die 52,7 Milliarden US-Dollar des CHIPS-Gesetzes in den USA ausschließlich für die Halbleiterherstellung, Forschung und Entwicklung sowie die Entwicklung der Arbeitskräfte bestimmt sind. Weitere 24 Milliarden US-Dollar an Steuergutschriften werden für die Chip-Produktion zur Verfügung gestellt, wie McKinsey & Company festgestellt hat.

Sowohl die USA als auch die EU verfolgen mit diesen Chip-Initiativen vergleichbare Ziele - im Wesentlichen die Verdoppelung ihres Marktanteils in Bezug auf die Produktionskapazität. Sie unterscheiden sich jedoch erheblich in den Mitteln, die zur Erreichung dieser Ziele zur Verfügung gestellt werden. Und anders als das EU-Chipgesetz bietet das US-Chipgesetz steuerliche Anreize zur Förderung von Investitionen und Produktion. In den USA können Investitionen in Anlagen und Einrichtungen für die Halbleiterproduktion mit einer Steuergutschrift von 25 Prozent gefördert werden.

Im Gegensatz zum EU-Chips-Gesetz, das die staatliche Finanzierung von Projekten für Erstausrüstungen fördert, gibt es im US-Chips-Gesetz keine derartigen Beschränkungen. Beim U.S. Chips Act geht es generell eher um die Förderung des Baus, der Modernisierung und der Erweiterung von Fabriken. Und wie der BDI betont, würde Europa von einer finanziellen Unterstützung für Anlagen der zweiten, dritten und vierten Generation profitieren, da Investitionen in diesem Bereich sonst ausschließlich von den Unternehmen getätigt werden müssten - was Europa im Vergleich weniger attraktiv und wettbewerbsfähig machen würde.

Hinzu kommt noch, dass der US-amerikanische CHIPS and Science Act ein Budget von 2 Milliarden US-Dollar für "ausgereifte Halbleiter" vorsieht, während das europäische Pendant keine spezielle finanzielle Unterstützung für ausgereifte Halbleiter bietet. Heute würden 67 Prozent der europäischen Industrie Halbleiter mit einer Größe von mehr als 90 nm benötigen, 21 Prozent Halbleiter mit einer Größe von 22 nm bis 65 nm, 7 Prozent benötigen Halbleiter mit einer Größe von 22 nm bis 7 nm und 5 Prozent Halbleiter mit einer Größe von weniger als 7 nm, berichtet die BIZ in ihrem Papier.

Der U.S. Chips Act stellt 200 Millionen US-Dollar für den "CHIPS for America Workforce and Education Fund" zur Verfügung. Mit diesem Geld soll der anhaltende Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in der Halbleiterindustrie behoben werden. Im EU Chips Act heißt es, dass damit der Fachkräftemangel beendet, neue Talente angeworben und das Entstehen qualifizierter Arbeitskräfte unterstützt werden sollen, allerdings ohne einen klaren Finanzierungsrahmen.

Das US-amerikanische CHIPS-Gesetz ist sehr klar in seinen Formulierungen. Jedes Unternehmen, das im Rahmen dieses Gesetzes Fördermittel erhält oder Steuergutschriften in Anspruch nimmt, muss sich verpflichten, die Halbleiterfertigung in China oder anderen "Problemländern" für einen Zeitraum von zehn Jahren nicht auszuweiten. Im Falle der Nichteinhaltung sind die Unternehmen verpflichtet, die erhaltenen Subventionen zurückzuzahlen. Im Gegensatz dazu verlangt das EU-Chips-Gesetz keine derartigen Verpflichtungen von Unternehmen, die eine Förderung beantragen. Im Falle einer Wirtschaftskrise könnten jedoch Ausfuhrgenehmigungen verlangt werden.

Abschließend lässt sich sagen, dass es schwierig ist, die beiden Initiativen direkt miteinander zu vergleichen, da sie sich in der Höhe der Finanzierung und im Umfang unterscheiden, auch wenn sie ähnliche Ziele verfolgen. Der Erfolg jeder Initiative wird von ihrer Fähigkeit abhängen, Investitionen anzuziehen, Innovationen zu fördern und eine nachhaltige Halbleiterindustrie zu schaffen, die den Anforderungen der Zukunft gewachsen ist.

Der wichtigste Unterschied zwischen dem EU Chips Act und dem U.S. Chips Act ist jedoch eindeutig die Finanzierung. Wie bereits erwähnt, haben die Initiativen vergleichbare Ziele, wobei die USA einen Anteil von 30 Prozent an der weltweiten Chipproduktion anstreben, während sich die EU ein Ziel von 20 Prozent gesetzt hat - eine Verdoppelung des derzeitigen Produktionsanteils jeder Region. Die USA stellen jedoch neue Mittel zur Verfügung, um ihr Ziel zu erreichen, während die EU-Mittel im Rahmen des EU-Chipgesetzes größtenteils aus bestehenden EU-Förderprogrammen (wie IPCEI II), Geldern der Mitgliedstaaten und angenommenen Investitionen von Unternehmen stammen. Von den 43 Milliarden Euro, die die EU mobilisieren will, stammen nur 3,3 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt.

Auf der Evertiq-Expo-Messe am 29. Juni 2023 in Berlin wird Evertiq einen Überblick über den US CHIPS and Science Act und den European Chips Act geben. Dabei werden die Gründe für ihre Existenz beleuchtet, Strategien verglichen und auch die Auswirkungen des bereits umgesetzten US-Gesetzes genau betrachtet.


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