Der globale Wettlauf - US-Chip-Act gegen EU-Chip-Gesetz
Im Zuge der weltweiten Halbleiterknappheit planen sowohl die USA als auch die EU erhebliche Summen an öffentlichen Geldern zu investieren, um die heimische Halbleiterproduktion zu steigern - auch bekannt als "Chips Acts". Doch wie unterscheiden sind diese Fördergesetze für den Halbleitermarkt? Evertiq stellt die wichtigsten Punkte gegenüber.
Was heute als CHIPS and Science Act of 2022 zu verstehen ist, hat als Creating Helpful Incentives to Produce Semiconductors for America Act begonnen, ein im Juni 2020 eingebrachter parteiübergreifender Gesetzesentwurf, der in den nächsten 5 bis 10 Jahren Dutzende von Milliarden Dollar in Anreize für die Halbleiterherstellung und Forschungsinitiativen investieren soll.
Im August 2022 unterzeichnete Präsident Joe Biden den parteiübergreifenden CHIPS and Science Act of 2022, der Investitionen zur Stärkung der US-Fertigung, der Lieferketten und der nationalen Sicherheit anregen soll. Die EU stellte ihren Chips Act im Februar 2022 als "umfassendes Maßnahmenpaket zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit, Widerstandsfähigkeit und technologischen Führungsrolle der EU bei Halbleitertechnologien und -anwendungen" vor. Das Gesetz soll die Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit Europas stärken und dazu beitragen, den digitalen und grünen Wandel zu vollziehen.
Was hat die Regierungen dazu veranlasst, die Notwendigkeit dieser massiven Förderungen für Halbleiterindustrieprojekte zu erkennen?
Spätestens 2020 wurde deutlich, dass die momentane Situation in der Halbleiterherstellung mit einer auf Asien konzentrierten Produktion zu erheblichen Engpässen in der Branche führte - zumal die Covid-19-Pandemie ganze Städte lahmlegte und auch die Logistik und den Transport in und aus den großen Handelszentren beeinträchtigte.
Die lokale Produktion in Europa und Nordamerika reichte nicht mehr aus, um die Nachfrage auf dem Markt zu decken. Der Mangel wurde auch dadurch verschärft, dass die großen Halbleiterhersteller ihren Schwerpunkt von ehemals lukrativen Sektoren - die durch die Pandemie mehr oder weniger stillgelegt worden waren - auf immer noch boomende Bereiche wie die Unterhaltungselektronik verlagerten. Es gab also nicht nur einen Mangel an tatsächlichen Bauteilen, sondern auch einen Mangel an Produktionskapazitäten.
In dieser Halbleiterknappheit erkannte nun auch die Politik die tatsächliche Bedeutung der Elektronikindustrie. Dabei ging es nicht nur um Computer; denn Halbleiter sind im Grunde in allem enthalten. Aufgrund der Ereignisse der vergangenen Jahre begannen die Regierungen, Halbleiter als strategische Güter zu betrachten - etwas, das auf nationaler Ebene zur Stärkung der wirtschaftlichen und nationalen Sicherheit benötigt wird.
Die Abhängigkeit der Branche von der Halbleiterproduktion in Übersee hatte der US-Regierung in dieser Situation besondere Sorgen bereitet. Auch die Europäische Union bezeichnete Halbleiter als Notwendigkeit für ihre eigene "technologische Souveränität".
Betrachtet man die gesamte Wafer-Kapazität pro Region - für 2010, 2015 und 2020 - so wird deutlich, dass Europa, und zwar nicht nur die EU, im Rückstand ist, aber auch die USA nicht dort sind, wo sie sein wollen. Nicht nur, dass Europa heute über die geringste Wafer-Kapazität verfügt, die Region hat ihre Wafer-Kapazität in den vergangenen zehn Jahren auch nur um 18 Prozent gesteigert - im krassen Gegensatz zu China (+205 Prozent), Südkorea (+126 Prozent) und Taiwan (+67 Prozent).
Wie zu sehen ist, beherrscht Taiwan den Markt in Bezug auf die reine Kapazität. Ein großer Teil dieser Vorherrschaft kann auch einem einzigen Unternehmen zugeschrieben werden, nämlich TSMC, der unbestrittenen Nummer eins in der Halbleiterherstellung. Durch TSMC kontrolliert Taiwan den Foundry-Markt. Nach Angaben von TrendForce entfielen auf die taiwanesischen Foundry-Hersteller im Jahr 2020 mehr als 60 Prozent der gesamten weltweiten Foundry-Einnahmen.
Country | Market share | Company | Market share | |
Taiwan | 63% | TSMC | 54% | |
UMC | 7% | |||
VIS | 1% | |||
PSMC | 1% | |||
South Korea | 18% | Samsung | 17% | |
DBHitek | 1% | |||
China | 6% | SMIC | 5% | |
HH Group | 1% | |||
Others | 13% | GF | 7% | |
Tower | 1% | |||
Others | 5% |
Wie geht es jetzt weiter?
Der Europäische Chip-Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Produktionstätigkeit in der EU zu stärken, die Skalierung und Innovation der gesamten Wertschöpfungskette zu unterstützen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Um dies zu erreichen, wird der Plan öffentliche und private Investitionen in Höhe von mehr als 43 Milliarden Euro mobilisieren und Maßnahmen zur "Vorbeugung, Vorbereitung, Antizipierung und raschen Reaktion auf künftige Unterbrechungen der Lieferketten" festlegen. Dies ist ein Schritt, der die EU in die Lage versetzen soll, ihr Ziel zu erreichen, ihren derzeitigen Anteil am Halbleitermarkt auf 20 Prozent im Jahr 2030 zu verdoppeln (Evertiq berichtete).
In der Einschätzung wird davon ausgegangen, dass die EU derzeit über eine Kapazität von etwa 10 Prozent verfügt. Bei diesem Wert hat man sich allerdings im Jahr 2015 befunden, als Europa (nicht nur die EU) einen Marktanteil von 9,4 Prozent hatte. Die Daten des Europäischen Verbands der Halbleiterindustrie (ESIA) zeigen jedoch, dass diese Kapazität bis 2020 auf etwa 7,2 Prozent gesunken ist. Gibt es keine Gegenentwicklung, ist Europa auf dem besten Weg, bis 2025 einen Anteil von fünf Prozent an der Produktionskapazität zu erreichen. Betrachtet man den neuen Bericht von Knometa Research über die weltweite Wafer-Kapazität im Jahr 2022, so ist Europa bereits jetzt auf einen Anteil von 5 Prozent geschrumpft.
Als Präsident Biden den CHIPS and Science Act of 2022 unterzeichnete, erklärte er, dass der CHIPS and Science Act die amerikanische Halbleiterforschung, -entwicklung und -produktion fördern soll. Die USA hatten vor über 30 Jahren einen Anteil von 40 Prozent an der weltweiten Produktion der Chips. Heute produziert das Land nur noch etwa 10 Prozent des weltweiten Angebots.
Mit dem CHIPS and Science Act werden 52,7 Milliarden US-Dollar für die Forschung, Entwicklung, Herstellung und Entwicklung von Arbeitskräften in der Halbleiterindustrie in den USA bereitgestellt - mit dem Ziel, die Halbleiterproduktion im Land zu steigern und letztlich die Abhängigkeit von der asiatischen Produktion zu verringern.
In dieser Summe sind 39 Milliarden US-Dollar an Produktionsanreizen enthalten - darunter 2 Milliarden US-Dollar für die in Automobilen und Verteidigungssystemen verwendeten älteren Chips, 13,2 Milliarden US-Dollar für Forschung und Entwicklung sowie für die Entwicklung von Arbeitskräften und 500 Millionen US-Dollar für die internationale Sicherheit der Informations- und Kommunikationstechnologie und die Halbleiterlieferkette. Außerdem wird eine Steuergutschrift in Höhe von 25 Prozent auf Investitionsausgaben für die Herstellung von Halbleitern und zugehörigen Anlagen gewährt.
Im zweiten Teil dieser Serie wird sich Evertiq mit den Einzelheiten des US-amerikanischen CHIPS and Science Act und des EU-Pendants befassen. Wie stehen sie im Vergleich zueinander? Was sind die Hauptunterschiede? Wie haben andere Länder und Regionen auf diese groß angelegten Halbleiterprojekte reagiert?
Im Rahmen der Evertiq-Expo in Berlin am 29. Juni 2023 wird Evertiq einen Überblick über den US CHIPS and Science Act und den European Chips Act geben. Dabei werden Strategien verglichen und auch die Auswirkungen des bereits umgesetzten US-Gesetzes genau betrachtet.