Nordes setzt auf Wachstum, Qualität und neue Technologien
Umfassende Dienstleistungen, Investitionen in fortschrittliche Technologien und eine wachsende Präsenz auf den Märkten Nordeuropas prägen die Strategie des polnischen EMS-Anbieters Nordes für die kommenden Jahre.
Der EMS-Markt in Mitteleuropa reift und übernimmt zunehmend westliche Standards. Kunden erwarten heute nicht mehr nur die Bestückung von Leiterplatten, sondern eine umfassende Betreuung – von der Entwicklungsphase bis hin zur Lieferung des fertigen Produkts. Wie Nordes auf diese Bedürfnisse reagiert, welche technologischen Investitionen derzeit entscheidend sind und welche Entwicklungen die EMS-Branche in den nächsten Jahren prägen könnten, erläutert Rafał Jabłoński, Sales Manager bei Nordes, im Gespräch mit Evertiq während des Evertiq Expo Warsaw 2025.
Umfassende Betreuung als neuer Standard
Wie Jabłoński erklärt, verändern sich die Erwartungen der EMS-Kunden dynamisch. Unternehmen aus den Bereichen Automotive, Medizintechnik oder Industrieautomation erwarten zunehmend Strukturen, wie man sie aus Westeuropa kennt. Sie suchen Partner, die den gesamten Prozess übernehmen können: Forschung und Entwicklung, Komponentenbeschaffung, Montage, Diagnose, Logistik und die Lieferung des Endprodukts.
Seit mehreren Jahren baut Nordes seine F&E-Abteilung systematisch aus, integriert Einkaufs- und Entwicklungsprozesse und erweitert den Umfang des After-Sales-Service.
„Der Kunde möchte nicht mehr selbst nach Subunternehmern für einzelne Produktionsschritte suchen. Wir versuchen, alles zu bündeln, damit er am Ende ein Produkt erhält, das er vermarkten oder verkaufen kann – und sich ganz auf seine Kernkompetenzen konzentrieren kann“, erklärt Jabłoński gegenüber Evertiq.
Dieses Dienstleistungsmodell vereinfacht die Abläufe auf Kundenseite erheblich und erhöht zugleich die Flexibilität, Planbarkeit und Sicherheit der Produktion.
Technologien, die Effizienz vorantreiben
Die vergangenen Jahre waren für Nordes eine Phase intensiver Investitionen in den Maschinenpark. Das Unternehmen erwarb unter anderem eine dritte, erweiterte SMT-Linie, neue AOI-Systeme, Röntgeninspektionsgeräte, Messtechnik sowie einen automatischen CNC-Depanelizer.
Parallel dazu wurde ein neues Lager errichtet, das eine entscheidende Rolle bei der Optimierung der Komponentenlogistik und der Verkürzung von Materialflusswegen spielt. Jabłoński verrät im Interview, dass im kommenden Jahr die Anschaffung einer Laserbeschriftungsanlage geplant ist – für höhere Präzision, bessere Rückverfolgbarkeit und volle Konformität mit den Anforderungen stark regulierter Branchen wie der Medizintechnik oder des Automotive-Sektors.
„Diese Investitionen ermöglichen uns nicht nur eine schnellere Produktion, sondern vor allem die Erhaltung und Steigerung der Qualität – heute eines der wichtigsten Argumente, besonders für ausländische Kunden“, fügt er hinzu.
Die Wirksamkeit des End-to-End-EMS-Modells
Für Jabłoński ist umfassender Service längst keine optionale Wettbewerbsdifferenzierung mehr, sondern eine Notwendigkeit. Unternehmen – insbesondere internationale – wissen sehr genau, welche Kosten mit dem Betrieb eigener Maschinenparks, Ingenieurteams und Produktionslinien verbunden sind. Durch Outsourcing an spezialisierte EMS-Partner gewinnen sie Flexibilität und reduzieren Investitionsaufwand. Außerdem können sie schneller auf Nachfrageschwankungen reagieren.
„Unternehmen wissen, dass interne Ressourcen Fixkosten bedeuten – unabhängig davon, ob gerade Aufträge vorhanden sind. Das End-to-End-Modell ermöglicht es ihnen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, ohne eine komplexe technologische Infrastruktur aufbauen zu müssen“, erklärt er.
Strategische Entwicklungsrichtung
Im Gespräch mit Evertiq betont Jabłoński zudem die zunehmende Ausrichtung von Nordes auf Nordeuropa. Das Unternehmen baut seit mehreren Jahren seine Präsenz auf den skandinavischen Märkten aus, nimmt an lokalen Messen teil, stärkt die Markenbekanntheit und pflegt langfristige Kundenbeziehungen.
„Das ist unsere Priorität. Wir wollen uns stärker im Bewusstsein der Kunden in Schweden, Norwegen und Dänemark verankern. Wir können ihnen eine hervorragende Qualität zu einem sehr wettbewerbsfähigen Preis bieten.“
Preis versus Qualität
Während des Evertiq Expo Warsaw 2025 kam auch der Unterschied zwischen polnischen und skandinavischen Kunden zur Sprache. Laut Jabłoński ist der polnische Markt weiterhin stark preisorientiert, während in Skandinavien die Qualität im Vordergrund steht. Er erklärt dies mit der Pflege von Markenreputation, die dort oft über Jahrzehnte aufgebaut wurde.
„In Skandinavien legt man viel größeren Wert darauf, dass die Produktion zuverlässig ist – auch wenn sie etwas mehr kostet. Polnische Kunden wählen den Dienstleister häufiger vor allem nach dem Preis aus.“
Zudem schätzen ausländische Kunden die Kreativität, Proaktivität und den ständigen Drang zur Prozessverbesserung, den sie bei polnischen Ingenieuren beobachten.
„In Skandinavien herrscht oft die Haltung: ‚Wenn es funktioniert, nicht anfassen.‘ Bei uns im Unternehmen – wie auch in vielen anderen polnischen Firmen – sieht man einen natürlichen Drang zur Verbesserung und zum Wissensaustausch. Das beeindruckt sie.“
KI, Automatisierung und die Rolle des Menschen
Zum Abschluss des Gesprächs auf dem Evertiq Expo Warsaw 2025 sprachen wir mit Jabłoński über die Zukunft der EMS-Branche. Drei Bereiche werden seiner Meinung nach besonders wichtig sein:
1. Künstliche Intelligenz in Design und Prozessoptimierung
KI wird zu einem Werkzeug, das Unternehmen zahlreiche Vorteile bringt – von der Designanalyse bis zur Komponentenwahl und Risikoprognose.
2. Automatisierung
Obwohl diese Entwicklung seit Jahren im Gange ist, wird sie sich weiter beschleunigen – vor allem im Bereich Test, Qualitätskontrolle und Lagerverwaltung.
3. Der Mensch als Mehrwert
In einer automatisierten Welt wird der Kontakt zu einem echten Experten zum Luxus.
„Ein kompetenter Mensch, der beraten, Projekte durchsprechen und den Kontext verstehen kann – das wird ein großer Vorteil sein. Unternehmen werden diesen Wert erkennen, denn niemand möchte ausschließlich von einer anonymen Maschine betreut werden“, fasst Jabłoński zusammen.
Die Entwicklung der EMS-Branche im Blick
Das Gespräch mit Nordes zeigt, wie schnell sich die EMS-Landschaft in Polen und Nordeuropa verändert. Themen wie Automatisierung, KI-Einsatz oder steigende Erwartungen ausländischer Kunden werden sicher auch während der nächsten Ausgabe des Evertiq Expo Warsaw am 22. Oktober 2026 erneut eine Rolle spielen. Die Erfahrungen von Unternehmen wie Nordes sind heute ein wichtiger Bezugspunkt in der breiteren Diskussion über die Zukunft der Branche.

