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Markt |

Wachsende Rufe nach digitaler Souveränität in Europa

Immer mehr Menschen in Europa wenden sich von US-Technologiediensten ab und suchen gezielt nach Alternativen aus dem eigenen Kontinent. Das berichtete Reuters am 21. Juni unter Berufung auf neue Nutzungszahlen, politische Entwicklungen und Marktanalysen. Grund dafür sind wachsende Sorgen um Datenschutz, politische Einflussnahme und die enge Verbindung großer Tech-Konzerne mit der US-Regierung unter Donald Trump. Inzwischen erreichen diese Debatten längst nicht mehr nur Fachleute – auch viele Alltagsnutzer stellen ihr digitales Verhalten zunehmend infrage.

US-Kurs verschärft Europas digitale Abgrenzung

Trumps zweite Amtszeit sorgt in Europa für wachsende Irritationen. Neben dem angekündigten sicherheitspolitischen Rückzug und neuen Handelsstreitigkeiten schlagen auch die Töne aus seinem Regierungsteam hohe Wellen: Von Zensurvorwürfen bis hin zu angedrohten Visasperren gegen europäische Regulierer – Washington lässt kaum Zweifel an seinem Kurs. Reuters berichtet, dass diese Rhetorik die Debatte über digitale Unabhängigkeit zusätzlich anheizt. Als bei der Amtseinführung im Januar auch noch die Chefs von Amazon, Meta und Google prominent auftraten, wurde vielen klar: Politik und Tech-Branche stehen in den USA derzeit enger zusammen denn je.

Digitale Unabhängigkeit wird zum Anliegen der Mitte

Was lange vor allem digitalaffine Aktivisten bewegte, rückt nun in die Mitte der Gesellschaft. Der Wunsch, sich von US-Diensten zu lösen, ist längst kein Nischenthema mehr. Politische Entwicklungen und das Gefühl mangelnder Kontrolle über persönliche Daten bringen neue Nutzergruppen dazu, sich mit Alternativen auseinanderzusetzen. 

So berichten Helfer beim Berliner Verein Topio, der Smartphones von Google-Anwendungen befreit, von einem neuen Publikum: Menschen, die sich politisch wach und angreifbar fühlen. Gründer Michael Wirths beobachtet, dass die Motivation der Besucher sich verändert hat – Datenschutz spielt weiterhin eine Rolle, wird aber zunehmend durch gesellschaftliche und politische Bedenken ergänzt. Die Nachfrage ist seit Trumps Amtsantritt deutlich gestiegen.

Suchmaschinen, Messenger und E-Mail-Dienste gewinnen hinzu

Auch Suchdienste wie Ecosia und Qwant oder Messenger wie Signal melden wachsende Nutzerzahlen. Similarweb verzeichnet für Ecosia aus der EU ein Plus von 27 Prozent im Jahresvergleich, ProtonMail legte um rund 12 Prozent zu. Bei WhatsApp stagniert die Nutzung, während Signal zulegt. Auch auf Reddit organisieren sich Nutzer in Gruppen wie BuyFromEU, um Erfahrungen zu teilen und konkrete Schritte zur digitalen Abnabelung zu gehen.

Grenzen der digitalen Selbstbestimmung

Trotz aller Bemühungen bleibt die Abhängigkeit von US-Infrastruktur groß. Viele europäische Dienste greifen auf Suchergebnisse von Google oder Microsoft zurück oder hosten ihre Angebote auf US-Clouds. Auch scheinbar unabhängige Anbieter wie Ecosia oder Qwant sind technisch teils eng mit amerikanischen Plattformen verflochten. Im direkten Vergleich zeigt sich zudem, wie groß der Abstand zu den Marktführern weiterhin ist: Während Ecosia im Februar 122 Millionen Zugriffe aus der EU verzeichnete, kam Google im selben Zeitraum auf 10,3 Milliarden. Laut der Electronic Frontier Foundation ist ein vollständiger Verzicht auf US-Dienste unter heutigen Bedingungen kaum realistisch – zu sehr sind zentrale Internetdienste in amerikanischer Hand.

Politische Reaktionen in Europa – mit überschaubarer Wirkung

Die Europäische Union setzt auf Regulierung: Mit dem Digital Services Act sollen große Plattformen gezwungen werden, mehr gegen illegale Inhalte wie Hassrede oder Missbrauchsdarstellungen zu unternehmen. Auch auf nationaler Ebene tut sich etwas: So hat sich die Bundesregierung laut Reuters im Koalitionsvertrag vorgenommen, Open-Source-Formate und lokal betriebene Cloud-Infrastruktur stärker zu fördern. Schleswig-Holstein geht bereits voran – dort müssen IT-Systeme in der Verwaltung vollständig quelloffen laufen. Und anstelle von Elon Musks Starlink unterstützt Berlin inzwischen den französischen Satellitenanbieter Eutelsat – etwa für Internetzugänge in der Ukraine. Doch der Einfluss dieser Initiativen ist bisher begrenzt. Viele europäische Alternativen bleiben Nischenangebote, und zentrale Internetdienste laufen weiterhin über US-Infrastruktur. „Der Markt ist zu sehr eingefangen“, warnt Digitalaktivist Robin Berjon in dem Bericht. „Es braucht zusätzlich Regulierung.“


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