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Elektronikproduktion |

Powerplay beim Elektrofahrzeug

In den nächsten 15 Jahren kommen Elektrofahrzeuge im weltweiten Fahrzeuggeschäft gerade einmal auf einen Marktanteil von 3%. Enorme Mehrkosten von derzeit bis zu €20.000 für ein Fahrzeug der Golf-Klasse und beschränkte Reichweiten im realen Fahrbetrieb verhindern eine starke Verbreitung.

Laut der aktuellen Studie von Oliver Wyman Elektromobilität 2025 sollte der momentane Hype um das Elektrofahrzeug zwar beendet werden, auf lange Sicht geht aber am Elektroantrieb kein Weg vorbei – denn Elektrofahrzeuge entscheiden über die langfristige Überlebensfähigkeit der Automobilindustrie. Bis dahin steht ein nie gekannter Investitionsbedarf dem äußerst geringen Ertragspotenzial gegenüber. Gerade in der Autokrise ist der Staat gefordert, massiv in die Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie zu investieren, da ansonsten aufstrebende Nationen wie China hier rechts überholen. Trotz vollmundiger Ankündigungen der Automobilhersteller gibt es bisher nur wenige Elektrofahrzeuge zu kaufen. Im Jahr 2009 werden weltweit nicht einmal 10.000 Pkws abgesetzt, die rein batteriebetrieben fahren. Fahrzeuge wie Tesla Roadster (Tesla Motors) oder TH!NK City (Think) sind im Gesamtmarkt mit einem Anteil von weniger als 0,1% ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch der weltweite Bestand an ungefähr 2,5 Millionen Hybridfahrzeugen ist angesichts von mehr als 850 Millionen Pkws eher eine Randerscheinung. Im Jahr 2010 fahren gerade einmal 2% der neu verkauften Fahrzeuge elektrisch unterstützt oder rein elektrisch. Bis 2025 steigt deren Marktanteil auf 16% – dann aber haben mindestens 76 Millionen Fahrzeuge beziehungsweise 84% immer noch einen Verbrennungsantrieb. CO2-Reduktion ist und bleibt damit das Top-Thema der Automobilindustrie. Die Automobilhersteller investieren dafür bereits heute etwa ein Drittel des weltweiten Forschungs- und Entwicklungsaufwands von €75 Milliarden. Damit werden sowohl die traditionellen Verbrennungsantriebe weiter optimiert als auch alternative Antriebstechnologien bis zur Serienreife entwickelt. In den nächsten zehn Jahren werden sich die CO2-Investitionen weltweit auf rund €300 Milliarden belaufen – davon entfallen €50 Milliarden auf alternative Antriebe wie Hybrid oder Elektro. „Neue Fahrzeug- und Antriebskonzepte sind Schlüsselelemente für das Automobil und zugleich Voraussetzung, um langfristig im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern und -konzepten zu bestehen“, sagt Christian Kleinhans, Partner und Automobilexperte bei Oliver Wyman. Dabei kommt der Elektrifizierung des Antriebs eine entscheidende Rolle zu, denn damit wird entweder der Verbrennungsmotor elektrisch unterstützt (Mild-Hybrid), zeitweise im Fahrbetrieb ersetzt (Voll-Hybrid, Plug-in-Hybrid) oder ganz ersetzt (Elektrofahrzeug, Brennstoffzellenfahrzeug). Bis auf Mild-Hybrid ermöglichen diese neuen Antriebskonzepte ein zumindest lokal emissionsfreies Fahren. Das neue Elektrospiel ist allerdings eines mit vielen Unbekannten: Kundenerwartungen, Märkte, Fahrzeugkonzepte, Antriebstechnologien, Kosten, Marktteilnehmer und Geschäftsmodelle führen zu einem noch nie dagewesenen Wettkampf beziehungsweise Powerplay in der Automobilindustrie. Hinzu kommt die große Unsicherheit über zukünftige Marktperspektiven der neuen Antriebe für die nächsten 15 bis 20 Jahre. Reichweite und Kosten haben Top-Priorität Eine im Rahmen der Oliver Wyman-Studie „Elektromobilität 2025“ gemeinsam mit puls Marktforschung durchgeführte Kundenbefragung zeigt, dass der Autokäufer keine Abstriche hinsichtlich Nutzen, Fahrkomfort oder Sicherheit machen wird. Insbesondere eine unzureichende Reichweite ist für die befragten Kunden Hauptargument gegen den Kauf eines Elektrofahrzeugs; nur 13% akzeptieren eine Reichweite unter 250 Kilometern. „Langfristig wird es für die Automobilhersteller und -zulieferer darum gehen müssen, Reichweiten von bis zu 400 Kilometern zu realisieren, um dem Elektrofahrzeug aus einer kleinen Nische zu einer starken Verbreitung zu verhelfen“, sagt Berater Kleinhans. Alle Beteiligten müssen deshalb die Elektrifizierung des Antriebs vorantreiben. Die Kostenmodellierung zeigt jedoch, dass die Herstellkosten eines durchschnittlichen Elektrofahrzeugs heute um den Faktor 2,5 beziehungsweise 150% über denen eines Fahrzeugs mit Verbrennungsantrieb liegen. Selbst im Jahr 2025 sind die Herstellkosten noch um 60% höher. Zwar wird das Elektrofahrzeug bei manchen traditionellen Fahrzeugumfängen günstiger – so entfallen Komponenten oder sie werden für das Elektrofahrzeug kostenoptimiert –, doch Batterie, Elektromaschinen und Leistungselektronik verteuern das Fahrzeug drastisch. Laut Kundenbefragung sind jedoch lediglich 14% der Autokäufer bereit, für ein Elektrofahrzeug mehr zu bezahlen. Im Durchschnitt lassen sich gerade einmal 2.200 Euro „Elektroaufschlag“ erzielen. Nur bei einer Betrachtung der anfallenden Lebenszykluskosten kann die Rechnung für den Kunden künftig aufgehen. Werden die vergleichsweise günstigen Stromkosten berücksichtigt, kann ein Fahrzeug der unteren Mittelkasse trotz Elektroantrieb nicht nur gleichziehen, sondern in einer vierjährigen Betrachtung der Lebenszykluskosten das mit Verbrennungsmotor angetriebene Fahrzeug sogar überholen: Im Jahr 2025 sind demnach die Lebenszykluskosten des Elektrofahrzeugs um etwa 3.500 Euro beziehungsweise zirka 10% niedriger, trotz höherer Anschaffungspreise. In absehbarer Zeit geht diese Rechnung allerdings noch nicht auf, da das Elektrofahrzeug bei vergleichsweise hohem Wertverlust von Fahrzeug und insbesondere Batterie in vier Jahren Mehrkosten von mehr als 12.000 Euro einfährt. Automobilhersteller müssen aus der Verlustzone heraus Der Markt für Elektrofahrzeuge wird wachsen, allerdings nur langsam. Reine Elektrofahrzeuge kommen im Jahr 2025 im Wettbewerb mit verbrennungsmotorgetriebenen Fahrzeugen nur auf 3,2 Millionen verkaufte Einheiten. Bis dahin werden sich im Markt weltweit etwa 15 Millionen Elektrofahrzeuge befinden, das sind weniger als 1,5 Prozent des dann vorhandenen Fahrzeugbestands. Mild- und Voll-Hybride starten zwar durch, erreichen aber in fünfzehn Jahren nur einen Marktanteil von zusammen neun Prozent. Mild-Hybride werden jedoch zu einer Art Basistechnologie für mittlere bis große Fahrzeuge, während Voll-Hybride sich insbesondere in Nordamerika und Asien durchsetzen, vor allem bei SUVs (Sport Utility Vehicle). Plug-in-Hybride (Marktanteil 2025: 3,5 Prozent), sprich: Voll-Hybride mit einer deutlich größeren, an der Steckdose wiederaufladbaren Batterie, sind bei einer Kosten-Nutzen-Abwägung die bessere Alternative. Plug-Ins können sich überall dort verbreiten, wo Strecken von mehreren Hundert Kilometern mit der Möglichkeit zum rein elektrischen Fahren von bis zu 50 Kilometern kombiniert werden. Auf diese Weise lassen sich mit traditionellem Antrieb weite Strecken über Land bewältigen, um dann innerstädtisch rein elektrisch zu fahren. In den kleinen Fahrzeugsegmenten wie Opel Corsa oder Smart Fortwo kommen die reinen Elektroantriebe immer dort zum Zuge, wo die tägliche Strecke üblicherweise 60 bis 80 Kilometer nicht übersteigt. Reine Elektrofahrzeuge spielen in Fahrzeugsegmenten oberhalb der Mittelklasse wie der E-Klasse von Mercedes-Benz keine größere Rolle mehr. Ausgenommen sind Kleintransporter, die innerstädtisch kurze Strecken im Verteilerverkehr oder im Handwerk zurücklegen. Angesichts geringer Stückzahlerwartungen für die nächsten Jahre, eines hohen Investitionsbedarfs und überbordender Mehrkosten für das Elektrofahrzeug stellt sich mehr denn je die Frage nach der Profitabilität des Elektrofahrzeugs. Eine Beispielrechnung aus der aktuellen Oliver Wyman-Studie für ein Elektrofahrzeug der Golf-Klasse zeigt, dass trotz 3.000 Euro am Markt zu erzielendem „Elektroaufschlag“ ein Automobilhersteller heute zirka 12.000 Euro an einem solchen Fahrzeug verlieren würde. „Für die nächsten zehn Jahre bleibt das Elektrofahrzeug in Summe über die gesamte Wertschöpfungskette in der Verlustzone“, erläutert Kleinhans. „Gewinnbringend sind diejenigen Wertschöpfungsstufen, die dem Verkauf der Autos vor- oder nachgelagert sind.“ Vorgelagert entsteht ein neuer Markt aus innovativen, hochanspruchsvollen Elektroantriebskomponenten. So wird sich zum Beispiel der Markt für Lithium-Ionen-Batterien, Elektromaschinen und Hochvolt-Leistungselektroniken im Jahr 2025 bereits auf rund 80 Milliarden Euro belaufen. Das sind zirka sieben Prozent der gesamten Komponentenwertschöpfung der Automobilindustrie. Nachgelagert eröffnen sich zahlreiche neue Chancen, welche die Automobilhersteller zwingend nutzen müssen, um in den nächsten Jahren Verluste entlang der Wertschöpfungskette auszugleichen oder zumindest abzumildern. Dabei spielen zunehmend die Energieversorgungsunternehmen eine wichtige Rolle, sei es als Wettbewerber oder als Partner für Hersteller, um mit diesen beispielsweise spezielle „Autostrompakete“ oder Leasingpakete zu schnüren. Der Staat ist gefordert Für eine starke Verbreitung von Elektrofahrzeugen lassen sich zwei Haupttreiber ausmachen. Zum einen dürfen sich in einer Betrachtung der Lebenszykluskosten keine Kostennachteile im täglichen Betrieb dieser Fahrzeuge ergeben. Somit hängt die Verbreitung nicht nur von einer deutlichen Kostendegression der Batterie und damit vom Wertverlust des Elektrofahrzeugs ab, sondern insbesondere auch vom weiteren Anstieg der Rohöl- und Kraftstoffpreise. Zum anderen kommen jetzt Staat und Kommunen ins Spiel. Wenn sie zukünftig den Kauf und den Betrieb von Elektrofahrzeugen fördern oder den Verbrennungsantrieb sanktionieren, hat das erheblichen Einfluss auf den Absatz von Elektrofahrzeugen. So wird Großbritannien den Kauf eines Elektrofahrzeugs ab 2011 mit 2.500 bis 6.000 Euro unterstützen, China mit etwa 6.500 Euro, Japan sogar mit bis zu 11.000 Euro. „Der Staat wird zu einem neuen und gewichtigen Spieler im Powerplay nationaler Interessen“, kommentiert Kleinhans. Und er fordert: „Pro Kauf eines Elektrofahrzeugs sollte eine ‚E-Fahrzeug-Prämie‘ von bis zu 10.000 Euro gewährt werden.“ Daneben kann bei Neuverkäufen auch eine Befreiung von der Umsatzsteuer, der Kfz-Steuer oder der Umsatzsteuer auf den Stromverbrauch des Elektrofahrzeugs angesetzt werden. Diese eher temporär als Anschubfinanzierung gedachten Mittel lassen sich mittelfristig durch attraktive Angebote im innerstädtischen Verkehr ergänzen, beispielsweise Mitbenutzung der Busspuren und spezielle Parkräume für Elektrofahrzeuge. Drastischer wirken innerstädtische Mautgebühren oder Zufahrtsbeschränkungen für CO2-ausstoßende Fahrzeuge. Nach dem „100.000-Dächer-Programm“ für Solardächer Ende der 1990er-Jahre ist jetzt ein „1.000.000-E-Fahrzeug-Programm“ notwendig, damit in den nächsten Jahren der Kauf eines Elektrofahrzeugs trotz deutlich höherem Anschaffungspreis und Wertverlust attraktiver wird. Der Staat ist gefordert, seine Forschungs- und Industriepolitik auf die Elektromobilität auszurichten, um nicht weiter den Anschluss zu verlieren. Zudem muss er ein umfangreiches Marketing für Elektromobilität betreiben, dessen Fokus auf einer Verantwortungsgesellschaft für Nachhaltigkeit liegt. Von neuen Kooperationen profitieren Nicht erst mit dem Elektrofahrzeug sind aufstrebende Automobilnationen wie China in der Lage, die etablierten Unternehmen der Automobilindustrie anzugreifen. „Niemand sollte China unterschätzen – schon gar nicht in der aktuellen Autokrise, die die etablierten Spieler hart trifft“, sagt Experte Kleinhans. „Langfristig kommt die Konkurrenz nicht aus dem eigenen Land, sondern aus Fernost.“ Das gilt für die Schlüsseltechnologien des Elektroantriebs – allen voran Batteriezellen und Leistungselektronik – ebenso wie für Elektrofahrzeuge an sich. Automobilhersteller werden sich zur Sicherung der strategischen Zulieferbasis an Komponentenlieferanten beteiligen müssen, insbesondere bei Batteriezellen und -modulen, aber auch bei werthaltigen Schlüsselkomponenten der Elektromaschinen wie etwa Permanentmagneten. Mit Blick auf die immensen Investitionen, die in den nächsten Jahren von allen Beteiligten notwendig sein werden, geht es jetzt darum, neue Kooperationen und Beteiligungen einzugehen. Vertikale Partnerschaften eines Automobilherstellers mit strategischen Schlüsselzulieferern und Forschungsinstituten sind durch horizontale Kooperationen zwischen Herstellern oder zwischen Zulieferern zu ergänzen, um ein dichtes Netzwerk für Elektromobilität zu knüpfen. Zulieferer und Engineering-Dienstleister können im Elektroantrieb durch erweiterte oder neue Geschäftsmodelle Chancen nutzen und neue Gewinnzonen erschließen. Dabei spielen Unternehmenszusammenschlüsse oder -käufe eine wichtige Rolle. Neue Spieler, die nicht aus der traditionellen Automobilzulieferlandschaft kommen, beispielsweise Unternehmen der Unterhaltungselektronik, sind wichtig, um Produktionskompetenz für hohe Stückzahlen in der Batteriefertigung zu erlangen. Kleinhans betont: „Für etablierte Spieler im traditionellen Verbrennungsantrieb gilt es zudem den Spagat zu schaffen, mit geeigneten Migrationsstrategien den Schritt in die Elektrifizierung des Antriebsstrangs zu vollziehen, gleichzeitig aber weiter in den heutigen Wettbewerbsvorsprung des Verbrennungsmotors zu investieren, um diesen möglichst lange zu erhalten.“

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