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Elektronikproduktion |

in4ma: Der Zustand der EMS-Industrie im Jahr 2024

Die EMS-Branche steht im Jahr 2024 vor großen Herausforderungen - wie in einem Interview mit in4ma-Analyst Dieter G. Weiss während der Evertiq Expo Warschau erörtert wurde. Weiss gab einen umfassenden Überblick über die aktuellen Probleme der Branche, die Aussichten und die gegensätzliche Dynamik zwischen West- und Osteuropa.

Unter dem Strich: 2024 - ein Jahr des Niedergangs und der Ungewissheit

Weiss zeichnete ein ernüchterndes Bild der EMS-Branche in diesem Jahr und stellte fest, dass 70 bis 75 Prozent der Unternehmen im Vergleich zu 2023 geringere Einnahmen gemeldet haben, wobei die Mehrheit das Jahr voraussichtlich mit einem Verlust abschließen wird. Er führte diesen Abschwung auf die anhaltenden Auswirkungen der so genannten „Fake-Chip-Krise“ und die anhaltende Marktinstabilität zurück.

Ungefähr 40 bis 50 Prozent der EMS-Unternehmen in Europa würden 2024 wahrscheinlich Verluste verzeichnen, so Weiss, der damit den Ernst der Lage unterstrich. Ein großes Problem sei die mangelnde Transparenz auf den Schlüsselmärkten, insbesondere im Automobilsektor, wo die Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Übergang zu Elektrofahrzeugen die Nachfrage erheblich beeinträchtigt haben. Die plötzliche Kürzung der Subventionen für Elektroautos in Deutschland zu Beginn dieses Jahres habe die Verkäufe über Nacht einbrechen lassen.

Gemischter Ausblick für 2025

Trotz dieser Herausforderungen bleibt Weiss vorsichtig optimistisch, was die Erholung der Branche angeht. Er prognostiziert eine allgemeine Marktverbesserung ab dem ersten Quartal 2025, auch wenn das Tempo je nach Sektor und Unternehmen unterschiedlich sein wird.

Die Luft- und Raumfahrt- sowie die Verteidigungsindustrie sind bemerkenswerte Ausnahmen, die auch im Jahr 2024 ein stetiges Wachstum aufweisen. Unternehmen wie die schweizerische Cicor und die norwegische Kitron haben sich durch ihre Konzentration auf diese florierenden Märkte hervorgetan. Diese Industrien würden blühen, sagt Weiss und betont ihre Widerstandsfähigkeit und strategische Bedeutung. Andere Sektoren, darunter die Industrieelektronik, die medizinische Elektronik und der Automobilmarkt im Allgemeinen, hätten jedoch weiterhin mit Gegenwind zu kämpfen.

Krise in der europäischen Leiterplattenherstellung

Weiss beleuchtete auch die kritische Situation in der europäischen PCB-Industrie (Printed Circuit Board). Er wies auf die jüngsten Schließungen hin, wie beispielsweise das Werk von Würt in Schopfheim und die Liquidation von S2P in Italien, als Indikatoren für einen allgemeinen Rückgang.

„Die EMS-Unternehmen beziehen zunehmend Leiterplatten von billigeren außereuropäischen Lieferanten. Dies mag zwar kurzfristig die Kosten senken, birgt aber die Gefahr, dass eine gefährliche Abhängigkeit von außereuropäischen Herstellern entsteht“, warnt Weiss.

Er äußerte sich auch besorgt über die möglichen langfristigen Auswirkungen auf die Preisgestaltung und die Stabilität der Lieferkette, wenn die europäische Leiterplattenindustrie weiter schrumpft.

Osteuropa vs. Westeuropa: Gegensätzliche Dynamiken

Weiss wies auf die großen Unterschiede zwischen den EMS-Märkten in West- und Osteuropa hin. Der westliche Markt ist reif und homogen und hat sich über mehr als fünf Jahrzehnte entwickelt. Etablierte Unternehmen wie Zollner Elektronik, das im nächsten Jahr sein 60-jähriges Bestehen feiern wird, sind ein Beispiel für diese Stabilität.

Im Gegensatz dazu ist der osteuropäische EMS-Markt heterogen und von der Dominanz großer multinationaler Unternehmen wie Flex, Foxconn und Jabil geprägt, die umfangreiche Niederlassungen errichtet haben, um von den niedrigeren Lohnkosten zu profitieren. Foxconn beispielsweise betreibt sechs Fabriken in der Region und erwirtschaftet jährlich über sieben Milliarden Euro.

Trotzdem sieht Weiss eine gute Zukunft für kleinere, lokal ansässige EMS-Unternehmen in Mittel- und Osteuropa. Er stellte fest, dass diese Unternehmen, insbesondere solche mit einem Umsatz zwischen 10 und 30 Millionen Euro, oft profitabler sind als ihre westeuropäischen Pendants. Diese Rentabilität, gepaart mit einer zunehmenden Konzentration auf regionale Spezialisierung, verschaffe ihnen gute Voraussetzungen für künftiges Wachstum.

Blick in die Zukunft

Das Interview schloss mit einer optimistischen Bemerkung, in der Weiss die Widerstandsfähigkeit und das Potenzial der mittel- und osteuropäischen EMS-Hersteller hervorhob. Auch wenn das Jahr 2024 ein Jahr der Turbulenzen war, sei die Branche bereit für eine Erholung, die durch strategische Anpassungen und die Konzentration auf leistungsstarke Sektoren vorangetrieben wird.


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