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Elektronikproduktion |

Das Pro und Contra beim Outsourcing

Die Auftragsfertigung rückt für Medizingerätehersteller angesichts steigender Kosten und hohen Wettbewerb mehr und mehr in den Fokus. Viele Unternehmen stehen damit vor einer wichtigen Entscheidung: Was spricht für das Outsourcing? Und was gilt es bei der Wahl eines EMS-Partners zu beachten?

Herausforderung #1: Compliance Geht es um das Outsourcing der Fertigung hat die Medizintechnik einige Extra-Hürden zu bewältigen. Schließlich ist die Branche stark reguliert und die medizinischen Produkte müssen strenge Auflagen erfüllen. Soll die Fertigung der Geräte in fremde Hände übergehen, sind OEMs daher vor allem auf der Suche nach einem Partner mit umfassender Compliance-Erfahrung. Diese Expertise wird nicht über Nacht erworben. Um mit neuen Verordnungen Schritt halten zu können, braucht es regulatorisches Fachwissen und kontinuierliche Weiterbildung. Fehlt diese beim EMS-Partner, laufen OEMs Gefahr nicht nur viel Geld, sondern auch ihren Ruf in Sachen Qualität und Zuverlässigkeit zu verlieren. Die Medizinprodukteverordnung (MDR) ist ein gutes Beispiel für diese Dynamik. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie wurde die Zulassungsregel zwar um ein Jahr verschoben. Hersteller kämpften trotzdem mit der fristgerechten Umsetzung der regulatorischen Anforderungen, einschließlich neuen Klassifizierungsregeln, Produktidentifizierungsnummern (UDI) sowie veränderten Richtlinien in Bezug auf CER und Post Market Surveillance. Die Auslagerung dieser Aufgaben an einen EMS-Partner kann helfen, Ressourcenbeschränkungen zu umgehen – wenn der Dienstleister über die Expertise verfügt. Herausforderung #2: Eine Frage des Vertrauens Die Compliance ist jedoch nur ein Grund, warum viele Medizingerätehersteller die Fertigung ihre Produkte ungern an Dritte auslagern. Oft fehlt einfach das nötige Vertrauen. Gerade für mittelständische Unternehmen, die seit Jahrzehnten die Realisierung von Medizinprodukten in-house abwickeln, stellt das Outsourcen der Fertigung ein monumentaler Wechsel in der Unternehmensaufstellung und im Selbstverständnis dar. Der immense Kostendruck hat gerade in den letzten Jahren viele klassische Medizingerätehersteller zum Umdenken gezwungen. Die digitale Transformation, das IoT sowie neue Technologien rund um Robotics, KI und Machine Learning schieben diese Entwicklung zusätzlich an. Denn auch hier ist es oft sinnvoller, sich einen Partner mit der jeweiligen Expertise ins Boot zu holen, als eigene Ressourcen mühsam intern aufzubauen. Auftragsfertiger unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Erfahrung, ihrer Fertigungskapazitäten und ihres Service-Portfolios. Nicht jeder EMS-Dienstleistung ist in der Lage, die Produktkomplexität von medizinischen High-Tech-Geräten tatsächlich zu verstehen und das Design sicher und kosteneffizient in die Fertigung zu überführen. Wer ein renales Denervierungs-System oder einen Chirurgieroboter fertigen möchte, arbeitet mit einem EMS-Dienstleister mit entsprechender Erfahrung zusammen. Geht es darum, medizinische In-Home-Geräte mit drahtlosen Funktionen auszustatten, empfiehlt sich ein Partner, der sowohl in der Kommunikations- als auch in der Medizinbranche Erfahrung mitbringt. Herausforderung #3: Kontrollverlust vs. Innovation Aus Angst vor Kontrollverlust im Alleingang zu arbeiten, trägt nicht zum Wachstum bei – zumindest nicht langfristig. Neue Fähigkeiten und Ressourcen aufzubauen, kostet Zeit und Geld. Zudem gibt es keine Garantie, dass sich die Investitionen tatsächlich in Innovationen niederschlagen und einmal ausgebildete Experten für immer im Unternehmen bleiben. Den gesamten Produktionszyklus von der Entwicklung bis zum Aftermarket auf den eigenen Schultern zu tragen, mag auf den ersten Blick eine sichere Option darstellen. Es heißt aber auch, die volle Verantwortung zu übernehmen und das Risiko, auf dem langen Weg zum fertigen Produkt vom Wettbewerber überholt zu werden oder sogar unter der Last zusammenzubrechen. Herausforderung #4: Geistiges Eigentum in fremden Händen Der hohe Innovationsdruck wirft automatisch eine weitere wichtige Frage beim Outsourcing auf: Wie steht es mit Sicherheit und IP-Schutz? Immerhin geben OEMs ihre Produktdesigns in die Hände Dritter. Strenge Kontrollen und vorab definierte, transparente Prozesse sind hier die oberste Priorität bei der Zusammenarbeit. Die Maßnahmen reichen von der Umstellung auf ein papierloses Arbeiten über die Trennung der Dokumentation durch ein internes Kontrollsystem bis zu Zugriffsbeschränkungen auf IP-sensible Daten für bestimmte Abteilungen, Teams und geographische Regionen. Darüber hinaus sollten Cybersicherheits-Frameworks (z. B. ISO 27001, COBIT, CES, NIST CSF, BSI Technical Guidelines) zum Standard gehören. Outsourcing – eine Frage von „Wann“ und nicht „Ob“ Bei all diesen Bedenken rund um Compliance, Vertrauen und IP – was spricht für das Outsourcing der Fertigung? Eine ganze Menge. Die weltweiten Ausgaben für das Gesundheitswesen sollen bis 2023 auf 10,7 Billionen US-Dollar steigen, wobei ganze 6,1% auf medizinische Geräte entfallen. Die MedTech-Branche wendet sich daher nicht ohne Grund immer stärker an EMS-Dienstleister und schließt dabei Partnerschaften, die weit über die reine Auftragsfertigung hinaus gehen. Dazu gehört die frühe Einbeziehung des Partners in die Entwicklung (Design-for-Automation, Design-for-Costs) sowie das Zurückgreifen auf Supply Chain-Kompetenzen und Aftermarket Services des Dienstleisters. Vorteil #1: Flexibilität & Agilität Einer der größten Vorteile ist sicherlich die höhere Flexibilität für Hersteller in Bezug auf Ressourcen und Fertigungskapazitäten. Kleine und mittlere Unternehmen können es sich nicht immer leisten, Mitarbeiter in verschiedenen Funktionen über jedes Entwicklungsstadium eines Produkts hinweg zu beschäftigen. Das Gleiche gilt für die Batch-Fertigung. Produktionsstraßen werden diskontinuierlich genutzt und stehen phasenweise still. Die Investition in eine eigene In-House Produktion lohnt sich da ebenso wenig wie der Aufbau von großen Technologie-Abteilungen. Flexibilität und Skalierbarkeit ist das Gebot der Stunde, um Nachfragespitzen nachzukommen und unerwartete Einbrüche abzufedern. Ein externer Partner verspricht hier mehr Agilität und mehr Sicherheit in volatilen Zeiten. Vorteil #2: Time-to-Market Agile und schlanke Entwicklungskapazitäten entscheiden über die Innovations- und damit auch über die Wettbewerbsfähigkeit. Wenn sich Branchentrends abzeichnen und Kundenanforderungen unweigerlich ändern, kann es von Vorteil sein, nicht an bereits bestehende Infrastruktur gebunden zu sein. Oder anders ausgedrückt: Der richtige Partner kann schnell einen echten Mehrwert schaffen ohne dabei die Total Cost of Ownership (TCO) oder die Time-to-Market hochzutreiben. Ein guter Start ist die regionale Unterstützung durch einen globalen EMS-Partner, der dann Schritt für Schritt den Zugang zu seinem globalen Netzwerk schafft. Mit einem Partner lässt sich auch das Fertigungsvolumen bei Innovationen in dem Maße anheben, in dem sich das Produkt am Markt durchsetzt und die Nachfrage steigt. Letztendlich gewinnen Hersteller mehr Optionen und Handlungsspielraum. Vorteil #3: Weitsicht bei der Supply Chain Wer sich einen Partner an Bord holt, bringt auch eine frische Perspektive ins Spiel. Und idealerweise eine Weitsicht, um potenzielle Risiken und Herausforderungen frühzeitig zu erkennen. Dazu gehört es, bestehende Prozesse zu überdenken, Designs anzupassen und für die Fertigung zu optimieren und gegebenenfalls sogar Projekte in kürzester Zeit von Grund auf neu aufzustellen, um Verzögerungen bei der Markteinführung zu vermeiden. Optimale Supply-Chain-Lösungen sind hier das A und O. Es gilt, Risiken und Störungen sowohl auf globaler als auch auf regionaler Ebene proaktiv zu erkennen und zu entschärfen. EMS-Dienstleister sollten dabei End-to-End-Transparenz, interne und externe Bedrohungsanalysen, Null-Toleranz-Richtlinien in Bezug auf Produktfälschungen, Warnsystem für Marktentwicklungen, Trade-Compliance-Funktionen sowie Obsoleszenz-Management im Service-Paket haben. Vorteil #4: Kosten reduzieren Das wohl häufigste Argument für Outsourcing ist und bleibt der Kostenfaktor. Von Apple bis Tesla nutzen Unternehmen Auftragsfertiger, um Produkte schnell und kosteneffizient auf den Markt zu bringen. Zumindest in diesem Punkt unterscheiden sich Konsumerprodukte nur wenig von medizinischen Geräten. Die Fertigung zu niedrigsten Gesamtbetriebskosten (Lowest-Total-Cost-of-Ownership) hat bei Medizingeräteherstellern oberste Priorität. Idealerweise beziehen OEMs ihren EMS-Partner bereits sehr früh in die Realisierung eines Produkts mit ein, um später nicht durch unnötige Kosten und operative Herausforderungen in der Serienproduktion ausgebremst zu werden. Angesichts dem Einsatz neuer Technologien und den wachsenden Kundenanforderungen ist diese ganzheitliche EMS-Partnerschaft relevanter denn je. Dabei lassen sich nicht nur „Jetzt“-Kosten reduzieren, sondern unnötige Kosten entlang des gesamten Produktlebenszyklus identifizieren. Fazit Letztendlich drehen sich die Bedenken rund um das Outsourcing nicht wirklich um die Frage des „Warums“, sondern eher um die Frage „Wie“. Es geht darum, den EMS-Partner zu finden, der sowohl zur Unternehmenskultur als auch zum Geschäftsprofil passt und echten Mehrwert verspricht. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Klare Rahmenbedingungen (vor allem bei der Sicherheit und IP-Schutz), sowie ein kontinuierlicher Austausch und eine offene Kommunikation tragen entscheidend zum Erfolg bei. Und schließlich gilt es bei der Wahl eines EMS-Dienstleisters, die richtigen Fragen zu stellen. Stimmen die Schlüsselkriterien haben OEMs gute Chancen, nicht nur ihr Projekt erfolgreich umzusetzen, sondern auch langfristig einen starken, zuverlässigen Partner zu gewinnen.
Über den Autor: Oliver Bischoff blickt auf über 20 Jahre Erfahrung in der Elektronikindustrie zurück. Seit 2020 ist er für den EMS-Spezialisten Plexus tätig und treibt als Business Development Director die Entwicklung und Umsetzung strategischer Geschäftsideen in DACH voran. Dabei unterstützt er führende OEMs in der Medizinelektronik und Diagnostik bei der Realisierung von komplexen medizinische Geräten und Systemen – angefangen bei der Entwicklung über die Fertigung bis hin zu Aftermarket Services. Zuvor hielt Bischoff verschiedene Führungspositionen bei Unternehmen wie Jabil, Sanmina und Molex inne. / © Oliver Bischoff

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2024.04.15 11:45 V22.4.27-1
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