
Typischer Einstieg, ungewisse Richtung: Was die Halbleiterbranche 2025 erwartet
Die globale Halbleiterindustrie ist mit einem typischen Saisonverlauf ins Jahr 2025 gestartet. Doch hinter den Kulissen braut sich etwas zusammen: Neue Zolldrohungen und veränderte Strategien in den Lieferketten könnten dafür sorgen, dass viele Marktsegmente schon bald ganz anders durchs Jahr laufen als gewohnt – das berichtet der Branchenverband SEMI.
Handelspolitische Risiken steigen – Verkäufe bleiben stabil
Trotz wachsender Risiken durch die Handelspolitik zeigen die aktuellen Daten für das erste Quartal 2025 bislang keine direkten Auswirkungen der angekündigten Zölle auf den Verkauf von Elektronik oder integrierten Schaltkreisen (ICs).
Im Detail: Die Elektronikverkäufe sanken im Vergleich zum Vorquartal um 16 % – im Jahresvergleich blieben sie stabil. Das entspricht dem typischen Verlauf zum Jahresanfang. Bei den ICs ging es gegenüber dem Vorquartal um 2 % nach unten, gleichzeitig gab es aber ein kräftiges Plus von 23 % im Vergleich zum Vorjahr. Laut dem „Semiconductor Manufacturing Monitor“ (SMM), den SEMI gemeinsam mit TechInsights veröffentlicht hat, spiegelt das die starke Investitionstätigkeit rund um KI und Hochleistungsrechner wider.
„Auch wenn die neuen Zölle noch keine direkten Spuren hinterlassen haben, sorgt die allgemeine Unsicherheit im Welthandel dafür, dass manche Unternehmen jetzt schnell liefern wollen – und andere ihre Pläne erst mal auf Eis legen“, erklärt Clark Tseng, Senior Director of Market Intelligence bei SEMI, in einer Pressemitteilung. „Dieses Hin und Her kann dazu führen, dass der weitere Jahresverlauf ganz anders aussieht als sonst – weil sich die Branche auf neue Zölle und Lieferkettenstrukturen einstellen muss.“
Anlageninvestitionen: Rückgang im Quartal, starker Zuwachs im Jahresvergleich
Die Investitionen in Halbleiteranlagen (CapEx) gingen im Vergleich zum Vorquartal zwar um 7 % zurück, lagen aber im Jahresvergleich satte 27 % höher. Besonders gefragt sind Anlagen für moderne Logikchips, High-Bandwidth Memory (HBM) und fortschrittliche Verpackungstechniken – alles nötig, um KI-Anwendungen zu ermöglichen. Im Speicherbereich stiegen die Ausgaben sogar um 57 %, im Nicht-Speicherbereich um 15 %. Das zeigt: Die Branche setzt auf Zukunftsfähigkeit und Innovationskraft.
Ausrüstung für Fertigung, Test und Packaging zieht kräftig an
Auch bei den Investitionen in Wafer-Fertigungsanlagen (WFE) gab es ein klares Plus: 19 % mehr als im Vorjahr. Für das zweite Quartal wird ein weiterer Zuwachs um 12 % erwartet. Grund sind die anhaltend hohen Investitionen in moderne Chiptechnologien, vor allem im Bereich KI. Bei ATE-Testsystemen ging es im ersten Quartal sogar um 56 % nach oben – für das zweite Quartal wird ein weiterer Anstieg um 53 % prognostiziert. Der Grund: Die Anforderungen an Leistung und Genauigkeit bei KI- und HBM-Chips steigen rasant. Auch Montage- und Verpackungsanlagen legten zweistellig zu – kein Wunder, denn die Nachfrage nach kompakten, leistungsstarken Chipgehäusen wächst stetig.
„Der WFE-Markt wird weiterhin vom technischen Fortschritt und staatlichen Förderungen getragen – insbesondere im Bereich KI und neuer Technologien“, sagt Boris Metodiev, Director of Market Analysis bei TechInsights. „Aber geopolitische Unsicherheiten wie Exportverbote und drohende Zölle bleiben ein echtes Risiko für diesen positiven Trend.“
Produktionskapazitäten steigen weiter – mit Schub aus China, Japan und Taiwan
Mit den Investitionen wächst auch die weltweite Produktionskapazität. Für das erste Quartal 2025 wird erwartet, dass sie über die Marke von 42,5 Millionen Wafer pro Quartal (gerechnet in 300-mm-Äquivalenten) steigt – das sind 2 % mehr als im Vorquartal und 7 % mehr als vor einem Jahr. China bleibt beim Ausbau vorn, auch wenn sich das Wachstum dort etwas verlangsamen dürfte. Besonders starke Zuwächse melden derzeit Japan und Taiwan. In Japan fließt viel Geld in die Produktion von Leistungshalbleitern, während in Taiwan eine moderne Foundry weiter hochgefahren wird.
Prognose 2025: Saisonverlauf gerät ins Wanken
SEMI und TechInsights rechnen für das Gesamtjahr 2025 mit ungewöhnlichen saisonalen Verläufen. Grund sind zwei parallele Herausforderungen: Unsicherheiten rund um die Handelspolitik und die Umstrukturierung der Lieferketten. Während KI und Infrastruktur für Rechenzentren weiterhin stark gefragt sind, könnten andere Segmente durch verschobene Investitionen oder veränderte Nachfrageverläufe unter Druck geraten – je nachdem, wie sich geopolitische und handelspolitische Rahmenbedingungen entwickeln.