US-Sanktionen könnten gefährlich für Halbleiterbranche sein
Die US-Einschränkungen für Technologie-Exporte nach China bergen Experten zufolge Risiken für die europäische Halbleiterindustrie. Weil Unternehmen aus der Volksrepublik nicht mehr an Maschinen zur Herstellung hochmoderner Prozessoren kommen, investieren sie verstärkt in die Produktion technologisch älterer, ausgereifter Chips, die vor allem in Autos und Robotern eingesetzt werden.
Chinesische Firmen müssten keine Profite machen, zitiert Reuters die Analystin Antonia Hmaidi vom Mercator Institute for China Studies (Merics). Selbst wenn es langfristig nicht ohne staatliche Hilfen gehen sollte, könne es sich gesamtwirtschaftlich lohnen, sofern andere Branchen dadurch effizienter werden. Und dem Commerzbank-Volkswirt Vincent Stamer zufolge subventioniert die Volksrepublik ihre Chipbranche neunmal so stark wie Industrieländer. Hierzu gehören demnach vergünstigte Kredite oder Forschungsförderung. Dies schlage sich dann in niedrigen Weltmarktpreisen nieder.
Wolfgang Weber, Chef des Verbands der deutschen Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI), beobachte eine wachsende chinesische Produktion sogenannter Katalogware, vielseitig einsetzbarer Computerchips, so Reuters weiter. Wir erkennen den Anspruch der dortigen Regierung, den Selbstversorgungsgrad zu steigern. Eine unmittelbare Bedrohung durch chinesische Billigkonkurrenz sehe Weber zwar nicht, das heiße aber nicht, dass in bestimmten Bereichen und zu bestimmten Zeiten das Angebot die Nachfrage übersteigen werde. Darauf müsse sich die Mikroelektronik-Industrie einstellen.
Der Analyst Janardan Menon von der Investmentbank Jefferies schließlich warnt, dass es bereits jetzt ein recht großes Überangebot bei Chips für Autos und Industrieroboter gebe. Eine Entspannung der Lage werde davon abhängen, in welchem Tempo chinesische Produzenten ihre Kapazitäten ausbauten.
Eine weitere Option seien Zölle, wie sie für chinesische Elektroautos geplant sind, sagt Wolfgang Weber. Man sei zwar eigentlich gegen Zölle. Aber Europa müsse handlungs- und verteidigungsfähig sein. Daher sei es richtig, sich vorzubereiten - idealerweise als Abschreckung, damit die andere Seite auf eine Flutung des europäischen Marktes verzichtet.
Bei Chipherstellern wie Infineon, STMicro oder NXP sei das Bild gemischt, berichtet Reuters weiter. Einerseits bekämen sie die Konkurrenz chinesischer Hersteller zu spüren, andererseits hätten sie bei hochspezialisierten Chips bislang die Nase vorn, weil sie im Gegensatz zu chinesischen Rivalen Design und Produktion aus einer Hand anbieten.