Simulation der DC-Spannungsabhängigkeit von Keramikkondensatoren mit LTspice
Von allen Seiten wird der Druck stärker, immer kleinere Bauformen von Keramikkondensatoren (MLCC) einzusetzen. Dies rückt auch den Effekt der spannungsabhängigen Kapazität (DC-Bias) von MLCCs in den Fokus. Dieser Artikel zeigt, wie man diesen nichtlinearen Effekt auf einfache Weise in LTspice-Simulationen berücksichtigt.
Das Ziel ist klar: Immer höhere Kapazitätswerte auf immer kleinerem Raum unterzubringen, damit auch an dieser Stelle die Miniaturisierung fortschreiten kann. Dazu werden Materialien mit hoher Permittivität e verwendet und die isolierenden Schichten des Dielektrikums immer dünner ausgeführt. Das gelingt, weil derartige keramische Schichten heute mit hoher Qualität im industriellen Maßstab produziert werden können.
Leider ist die Permittivität εr = ƒ(→E ) eine Funktion der elektrischen Feldstärke wodurch eine Spannungsabhängigkeit der Kapazität C = ƒ (V) verursacht wird. Je nach Keramikart und Schichtdicke ist ein Kapazitätsrückgang auf unter 10% des Nennwerts bei der maximal zulässigen Spannung keine Seltenheit.
In Anwendungen, die mit konstanter Spannung am MLCC arbeiten (z.B. bei Bufferkondensatoren), kann der Effekt in der Simulation leicht berücksichtigt werden. So lange die Spannung konstant ist, kann der entsprechende Kapazitätswert aus dem Datenblatt des MLCC genommen und dann mit diesem in LTSpice simuliert werden.
Dazu nimmt man die Restkapazität bei der eingesetzten Spannung als Grundlage. Die Werte entnimmt man dem Datenblatt oder einem Online-Tool des Herstellers.
Was aber, wenn die Spannung veränderlich ist? Z.B. der Eingangsfilter eines Schaltreglers, der mit 5V aus USB bis 24V aus einer Industrieversorgung betrieben werden soll (siehe Bild 4)? Oder die AC-Kopplung eines zweidraht-Ethernet-PHYs, wenn auf denselben Leitungen die Versorgung mit unterschiedlichen Spannungswerten erfolgt?
Schaltungssimulationen mit LTspice geben in solchen Situationen einen tiefen Einblick. Manche MLCC-Hersteller bieten bereits entsprechende DC-Bias-Modelle zum Download an. Des Weiteren gibt es in LTspice Methoden, um das spannungsabhängige Verhalten nachzuahmen.
LTspice bietet neben dem bekannten Kondensatormodell mit konstanter Kapazität ein weiteres, nichtlineares Modell an, welches eine Ladungsgleichung auswertet. Hintergrund dabei ist die erforderliche Ladungserhaltung des Kondensators. Das stört nicht weiter, da sich die Kapazität durch Differentiation der Ladung nach der Spannung ergibt. Im umgekehrten Fall muss die Stammfunktion (Integral) der spannungsabhängigen Kapazität gebildet werden. Die folgenden Modellrealisierungen beinhalten die erforderlichen mathematischen Umformungen schon, um sie direkt einsetzen zu können.
In erster Ordnung verwendet man eine lineare Spannungsabhängigkeit, daraus ergibt sich durch Integration die Ladungsgleichung . Diese lässt sich nun direkt in LTspice-Nomenklatur anstatt des Kapazitätswerts im Kondensator einsetzen: Q=x*{c0V}-0.5*x**2*({c0V}-{cVmax})/{Vmax}.
Bei vielen MLCC fällt die Kapazität aber schon bei moderatem DC-Bias schnell ab und sättigt dann nahezu auf einem niedrigen Wert. Nimmt man in diesen Fällen nur das lineare Modell, so wird die effektive Kapazität in einem großen Spannungsbereich zu hoch simuliert. Für diesen Fall kann ein auf dem hyperbolischen Tangens (tanh) basierendes Modell verwendet werden, für das die Parameter ohne weitere Hilfsmittel leicht abgeschätzt werden können:
Auch dabei kann der Kapazitätswert einfach durch die Ladungsgleichung Q=x*({C0+Csat})/2+({Csat-C0})/4*{Vtra}*ln(cosh((x-{Vth})*2/{Vtra})) ersetzt werden.
Zur Überprüfung des Kondensatormodells in LTspice legt man eine linear ansteigende Spannung mit an. Der Strom durch den Kondensator entspricht vom Betrag her dem Kapazitätswert. Bild 3 zeigt deutlich, dass die vorgeschlagenen nichtlinearen Modelle dem Standardmodell mit konstanter Kapazität überlegen sind. Bei einem derartigen Kapazitätsverlauf ist für die meisten Anwendungen das lineare Modell ausreichend.
Abschließend ist anzumerken, dass hierbei nur ein einzelner nichtidealer Effekt simuliert wird. Es gibt noch viele weitere Effekte bei MLCCs, wie z.B. Alterung, Temperaturabhängigkeit, Frequenzabhängigkeit, AC-Amplitudenabhängigkeit, Dielektrische Absorption, u.v.m. In vielen Anwendungen ist die DC-BIAS-Abhängigkeit dominierend und deren alleinige Berücksichtigung somit ausreichend.
About the Author: Reiner Bidenbach is a field applications engineer in central Europe. He joined © Analog Devices in October 2010 with 14 years of experience in analog IC design. Reiner graduated in 1996 from the University of Ulm, Germany, with a Dipl. Ing. degree in electrical engineering. He can be reached at reiner.bidenbach@analog.com.