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Application Notes |

Bipolares Ansteuern eines unipolaren Gate-Treibers

Frage: Benötigt man einen speziellen Gate-Treiber, um positive und negative Spannungen zu generieren?

Antwort: Nein, man kann einen unipolaren Gate-Treiber so adaptieren, dass man auf bipolare Weise treiben kann. Sind für ein spezielles Leistungsbauteil positive und negative Gate-Ansteuerungen erforderlich, müssen die Schaltungsentwickler nicht nach einem Gate-Treiber suchen, der speziell einen bipolaren Betrieb erlaubt. Man kann den hier beschriebenen Trick verwenden, um mit einem unipolaren Gate-Treiber bipolare Spannungen zu erzeugen! Wenn man MOSFETS und IGBTS mittlerer und hoher Leistung ansteuert, besteht die Gefahr, dass beim Einschalten der Millereffekt (Vergrößerung der Eingangskapazität eines invertierenden Verstärkers, die aufgrund der effektiven Verstärkung der Kapazität zwischen Ein- und Ausgang dieses Verstärkers auftritt) zum Tragen kommt, wenn eine große Spannungsänderung am Leistungsbauteil vorhanden ist. Dabei wird Strom am Gate des Leistungsbauteils über die Gate-Drain- oder Gate-Kollektor-Kapazität injiziert. Ist diese Stromeinspeisung groß genug, um die Gate-Spannung über die Schwellwertspannung des Bauteils zu steigern, kann ein parasitäres Einschalten auftreten, was zu einem geringeren Wirkungsgrad oder gar einem Ausfall des Bauteils führen kann. Der Millereffekt kann durch einen Pfad mit sehr geringer Impedanz vom Gate des Leistungsbauteils zum jeweiligen Source oder Drain abgeschwächt werden, oder indem man das Gate bezüglich Source oder Drain mit einer negativen Spannung ansteuert. Das Ziel der Techniken zur Abschwächung des Millereffekts beim Einschalten ist es, die Gate-Spannung unter einem gewünschten Schwellwert zu halten, wenn ein Stromstoß wegen der Miller-Kapazität eintritt. Einige Leistungsbauteile erfordern darüber hinaus eine negative Spannung um vollständig auszuschalten, was irgendeine Art negativer Treiberspannung benötigt, die vom Gate-Treiber kommt. Für Standard-Silizium-MOSFETs, IGBTs, SiC- und GaN-Bausteine empfehlen die Hersteller negative Gate-Treiberspannungen. Es gibt eine große Palette an isolierten Gate-Treibern, die auf der sekundären Seite (der Seite, die das Leistungsbauteil ansteuert) einer unipolaren Stromversorgung arbeiten, aber deutlich weniger Gate-Treiber, die explizit das bipolare Ansteuern erlauben. Eine Methode, das Problem mit den nicht vorhandenen Bauteilen mit negativer Gate-Treiberspannung zu lösen, ist es, den Gate-Treiber vom Leistungsbauteil zu separieren. Damit erzeugt man relativ zum Gate oder Drain des Leistungsbauteils eine negative Gate-Treiberspannung, wobei das Gate-Treiber-IC nur eine unipolare Versorgung erkennt. Beispiele für unipolare und bipolare Treiber-Spannungsformen zeigt Bild 1. Bild 1: Unipolare (a) und bipolare (b) Gate-Treiberspannungen Ein Schaltplan mit einer idealen Spannungsquelle ist in Bild 2 dargestellt. In diesem Beispiel wird das Leistungsbauteil vom Treiber-IC mit einer Spannung versorgt, die der Summe von V1 und V2 entspricht, während das Gate des MOSFETs im Zustand EIN mit + V1 und im Zustand AUS mit – V2, relativ zum Source-Knoten des MOSFETs, angesteuert wird. Man beachte, dass in diesem Beispiel beide Quellen mit separaten Kondensatoren entkoppelt sind. Die effektive Entkopplung für das Gate-Treiber-IC ist die Reihenschaltung der Kondensatoren, die geringer ist, als beim Wert jedes einzelnen Kondensators alleine. Eine zusätzliche Entkopplung kann, wenn gewünscht, zwischen VDD und GND eingefügt werden, wobei es aber wichtig ist, die Kondensatoren C1 und C2 als die Kondensatoren beizubehalten, die die Pfade mit geringer Impedanz für den Gate-Strom während des Ein- und Ausschaltens separat bereitstellen. Isolierte Gate-Treiber besitzen häufig eine Unterspannungssperre (UVLO), um zu vermeiden, dass das Leistungsbauteil zu schwach angesteuert wird, weil der Gate-Treiber mit einer zu geringen Gate-Spannung getrieben wird. Wenn ein unipolarer Gate-Treiber wie aus Bild 2 angesteuert wird, muss man beachten, dass der erwartete Betrieb der UVLO normalerweise auf die Masse des Gate-Treibers bezogen ist. Nimmt man als Beispiel einen Fall, bei dem V1 = 15 V und V2 = 9 V ist und die Unterspannungssperre des Gate-Treibers bei rund 1 V liegt, was üblich beim Einsatz von IGBTs ist. Wenn V1 dann um mehr als 4 V abfällt, würde die UVLO nicht aktiviert, das IGBT aber während der EIN-Zeit unter 11 V getrieben, und damit untersteuert. Bild 2: Beispiel für einen bipolaren Schaltungsaufbau Das Erstellen von zwei separaten Spannungsquellen für diese Aufgabe kann mit zwei separaten isolierten Stromversorgungen erreicht werden, allerdings sind oft die Kosten ein entscheidender Faktor. Wird eine Flyback-Konfiguration verwendet, können unterschiedliche Windungsabgriffe genutzt werden, um relativ einfach unterschiedliche Spannungen zu generieren. Es gibt auch isolierte Module als Spannungsquellen, die eine isolierte Spannung liefern und einige Hersteller wählen die Spannungen bezüglich der Spannungen der Leistungsbauteile. Ein Beispiel dafür ist RECOM, eine Firma mit Bauteilen wie die auf IGBTs abzielende Produktlinie, die eine isolierte + 15 V und – 9 V Versorgungsspannung hat. Für einen derart großen Spannungshub muss der Gate-Treiber einem umfassenderen Bereich widerstehen als dem, für den andere Bausteine ausgelegt sind. Zwei Gate-Treiber, die gut mit diesen Spannungen arbeiten, sind die IGBT-Gate-Treiber mit iCoupler-Technology ADuM4135 und ADuM4136 von ADI, die einen empfohlenen Spannungsbereich besitzen, der den Einsatz bis zu 30 V erlaubt. Beide Bausteine haben einen dedizierten Masse-Pin auf der Ausgangsseite, der es ermöglicht, die UVLO des Treibers auf den positiven Versorgungspegel zu beziehen. Der ADuM4135 hat auch eine integrierte Miller-Klemme, die weiterhilft, den Millereffekt abzuschwächen, der vom Spannungssprung am Gate beim Einschalten generiert wird. Eine einfache Methode eine bipolare Versorgung mit nur einer einzelnen Versorgungsspannung zu erzeugen, ist es, eine zweite Spannung mit einer vorgespannten Zener-Diode zu generieren. Obwohl Gate-Treiber während des Ein- und Ausschaltens der Leistungsbauteile hohe Ströme erzeugen, ist der von der Stromversorgung benötigte Durchschnittstrom relativ gering – für die meisten Anwendungen oft nur wenige zehn Milliampere. Die Zener-Diode kann so platziert sein, dass sie entweder die positive oder negative Spannung regelt, und abhängig davon ausgewählt werden kann, welcher Pegel die höhere Genauigkeit aufweisen muss. Das in Bild 3 gezeigte Beispiel ist so konfiguriert, dass die positive Spannung genauer geregelt wird als die negative. Ein Grund die positive Spannung genau zu regeln kann sein, dass das anzusteuernde Gate nur eine sehr geringe Toleranz bezüglich der Gate-Spannung hat, wie dies bei einigen GaN-Bauteilen der Fall ist. Das exakte Regeln der positiven Versorgung hat den zusätzlichen Vorteil, dass die UVLO des Gate-Treibers wie erwartet funktioniert, da jede Schwankung von V3 an der Zener-Diode solange abgeschwächt wird, bis V3 zu klein ist um die Zener-Spannung zu liefern. Bild 3: Beispiel mit einer Zener-Diode Die Verwendung einer Zener-Diode, um aus einer einzigen Versorgungsspannung zwei zu generieren, hat auch den Vorteil eines einfacheren Layouts. Dabei ersetzen eine Zener-Diode und ein Widerstand nicht nur effektiv eine komplette isolierte Spannungsquelle, sondern bei Einsatz eines unipolaren isolierten Gate-Treibers kann dafür ein Baustein mit nur sechs Pins verwendet werden – wie der ADuM4120 mit iCoupler-Technology von ADI. Dies spart noch mehr Platz um das Gate-Treiber-IC entlang der isolierten Kriechstrombereiche ein. Bild 4: Experimentelle Messergebnisse der Schaltung mit dem ADuM4121 und GS66508T Ein Referenzbeispiel einer bipolaren Zener-Diodenkonfiguration wurde mit dem ADuM4121 von ADI und dem GS66508T von GaN Systems aufgebaut, um eine Halbbrücke zu erstellen. Dieses Beispiel wurde so entwickelt, dass es bezogen auf die Bausteinversorgung + 5V und – 4 V Treiberspannung hat. Das Beispiel kann mit einer anderen Zener-Diode einfach auf + 6 V und – 3 V Treiberspannung und dieselbe isolierte 9-V-Stromversorgung adaptiert werden. Eine lange Totzeit wird verwendet, um den Miller-Stromstoß von anderen Ausschalt-Transienten deutlich zu separieren. In der Praxis erlaubt der ADuM4121 aber deutlich kürzere Totzeiten im Bereich einiger zehn ns, was eine wichtige Kennzahl für GaN-Designs mit hohem Wirkungsgrad ist. Das Erzeugen einer negativen Gate-Treiberspannung, die den parasitären Millereffekt beim Einschalten abschwächen kann, muss nicht kompliziert sein. Viele bestehende Gate-Treiber die unipolar arbeiten, können auch so betrieben werden, dass sie ein Gate mit nur minimaler externer Beschaltung negativ treiben. Es gibt zwar einige Auswirkungen zu beachten, wie die effektive UVLO-Spannung, aber die Vorzüge eines solchen Betriebs sind gewaltig.
Author: Ryan Schnell (ryan.schnell@analog.com) ist Applikationsingenieur bei © Analog Devices. Sein Tätigkeitsbereich umfasst isolierte Gate-Treiber, die die iCoupler-Technology verwenden, um die galvanische Trennung zu erzielen, aber auch weitere Power-Management-Produkte. Er besitzt einen B.S.- und M.S.-Titel im Electrical Engineeering und einen Ph.D. in Leistungselektronik von der University of Colorado.

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