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Was bedeutet der Brexit für Europa, die EMS-Industrie und das Vereinigte Königreich?
Am 23. Juni 2016 hat die Bevölkerung im Vereinigten Königreich, mit einer sehr knappen Mehrheit von 52 Prozent dafür gestimmt, die Europäische Union zu verlassen. Ein Hauptargument war, dass Großbritannien so die Einwanderung von EU-Bürgern kontrollieren und begrenzen könne.
Peter Brent, Consultant Editor für den The European Electronic Manufacturing Services Report des Marktforschungsunternehmen Reed Electronics Research hat das Geschehen analysiert und ein mögliches Zukunftsszenario aufgezeichnet.
- Die Bevölkerung Großbritanniens wurde bei der Abstimmung in zwei Gruppen geteilt, die über 45-Jährigen stimmten für “Leave” und die unter 45-Jährigen stimmten für “Remain”. Darüber hinaus stimmten betuchtere und besser ausgebildete Menschen für “Remain”, während weniger wohlhabende und schlechter ausgebildete Menschen für “Leave” stimmten. Des Weiteren stimmten Stadtbewohner häufiger für “Remain”, während die Bewohner auf dem Land die EU eher verlassen wollten.
- Obwohl es Forderungen nach einer Wiederauflage des Referendums und eine Aufhebung des Ergebnisses durch das Parlament gibt, ist es so gut wie ausgeschlossen, dass das “Leave”-Ergebnis umgeworfen wird. Die Menschen müssen also akzeptieren, dass das Vereinigte Königreich die EU verlassen wird.
- Die Zukunft von Schottland und Nordirland bleibt hingegen unklar, da die dortigen Einwohner mehrheitlich für einen Verbleib in der EU gestimmt haben. Durch das Endergebnis “Leave” könnten also sowohl Schottland als auch Nordirland gegen den Willen ihrer Einwohner zu einem Austritt gezwungen werden. Ein Kompromiss mit der EU, eine eigene EU-Mitgliedschaft oder gewisse Vorteile für beide Länder zu erhalten, könnte ebenfalls diskutiert werden.
- Das Vereinigte Königreich und die Europäische Union befinden sich jetzt in einer schwierigen Übergangsphase, denn der offiziellen Austrittsprozess kann nur beginnen, wenn Artikel 50 der EU-Verfassung aktiviert wurde. Obwohl die EU auf schnelle Verhandlungen drängt, ist dies derzeit nicht möglich. Durch den Rücktritt des Premierministers David Cameron hat das Vereinigte Königreich nun mit politischen Unruhen zu kämpfen. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass Artikel 50 vor Ende Oktober 2016 in Kraft tritt. Wahrscheinlicher ist ein Datum zum Ende des Kalenderjahres.
- Der größte Test für das Vereinigte Königreich wird, in den kommenden Monaten und Jahren, die Aushandlung von neuen Handelsabkommen mit der EU und dem Rest der Welt sein. Mit der EU-Mitgliedschaft konnte man auch unter dem Dach der EU-Handelsabkommen operieren. Nun müssen viele EU-Abkommen und Gesetze, die das Vereinte Königreich in den letzten 40 Jahren im nationalem Recht verankert hat, aufgelöst werden.
- Die EU übt sich nun im Schulterschluss und will alle alle 'Ansteckungseffekte' schon im Keim ersticken. Man versucht verbissen den Austritt anderer Mitgliedsländer zu verhindern und wird die Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich so schwierig wie möglich gestalten. Ein abschreckendes Beispiel für andere Länder, die an Austritt und die Einführung von möglichen Reformen denken; Reformen, die einige Bedenken in Bezug auf Einwanderung, die Rechenschaftspflicht von EU-Beamten und die Verteilung von Haushaltsmitteln ansprechen. Letztere Bedenken teilte das Vereinigte Königreich mit anderen EU-Mitgliedsstaaten.
- Abgesehen von der politischen Lage wollen britische Unternehmen, die in der EU Handel betreiben (und vice versa), eine schnelle Lösung finden. Nur so können sich die Handelsbeziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU wieder normalisieren. Der Kernpunkt der Verhandlungen wird sich auf die Wünsche des Vereinten Königreiches, insbesondere tariffreie Zugangsrechte zum EU-Markt, konzentrieren. Diese werden jedoch nur in Verbindung mit Freizügigkeitsrechten garantiert, die das Vereinigte Königreich mit seinem “Leave” unterbinden will. Zu welchen Kompromissen und Zugeständnissen man auf beiden Seiten bereit ist, wird sich noch zeigen müssen.